Ganztagsausbau in Hessen weiterhin im Dauertief

Veröffentlicht am 20.06.2018 in Landespolitik

Ganztagsausbau in Hessen weiterhin im Dauertief

Kultusminister Lorz hat heute angeblich „beeindruckende Zahlen zum Ausbau ganztägiger Angebote in Hessens Schulen“ präsentiert. Beeindruckend sei allerdings nur die umfassende Realitätsverweigerung des Ministers, so der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Christoph Degen. Tatsächlich befinde sich Hessen beim Ausbau echter Ganztagsschulen in einem Dauertief.

Degen sagte am Dienstag in Wiesbaden: „Die Art und Weise, in der sich der Minister selbst dafür lobt, dass beim Ganztagsausbau faktisch gar nichts vorangeht, ist fast schon mitleiderregend. Fakt ist: Nur rund ein Hundertstel der hessischen Grundschulen sind echte Ganztagsschulen. Der so genannte ‚Pakt für den Nachmittag‘ ist eine Notlösung zur Aufbewahrung von Kindern, deren Eltern dafür viel Geld bezahlen müssen. Dass sich an diesem ‚Pakt‘ gerade einmal 208 der rund 1.200 Grundschulen in Hessen beteiligen, zeigt deutlich, wie sehr es ihm an Attraktivität fehlt. Weshalb der Minister über diese Zahlen in Jubel ausbricht, bleibt rätselhaft.“

Im Kern, so Degen, vernetze der so genannte „Pakt für den Nachmittag“ lediglich bestehende Angebote. „Da wird auf Dinge, die es vor Ort schon längst gibt, ein neues Schildchen gepappt und der Minister verkauft es vollmundig als neues ‚Ganztagsangebot‘. Nur dass dabei eben absolut kein zusätzliches Betreuungsangebot entsteht. Zudem kostet diese Nachmittagsbetreuung in manchen Regionen unseres Landes bis zu 200 Euro im Monat. Damit hat der Kultusminister auch noch durch die Hintertür faktisch das Schulgeld wieder eingeführt“, sagte Christoph Degen.

Der SPD-Schulexperte stellte fest, dass von den insgesamt rund 1.700 Schulen in Hessen exakt 107 echte Ganztagsschulen seien. Deren Zahl sei seit Jahren praktisch gleich, ein Aufwuchs finde allenfalls im Promillebereich statt.

Degen sagte: „Wer den Ganztagsausbau voran bringen will, der muss ein sinnvolles pädagogisches Angebot schaffen. In Hessen aber haben die Eltern von Grundschülern nur die Wahl zwischen zwei schlechten Lösungen – entweder sie müssen für die Mogelpackung namens ‚Pakt für den Nachmittag‘ zahlen, oder sie müssen sich mit der klassischen Halbtagsgrundschule mit ein bisschen Hausaufgabenbetreuung zufrieden geben. Unter dem Aspekt der Chancengleichheit ist das natürlich verheerend.“

Eine echte Ganztagsschule, so Degen, müsse zudem auch die inklusive Beschulung am Nachmittag möglich machen. Beim Pakt für den Nachmittag sei dies nicht der Fall. Schulleitungen müssten für das ganztägige Öffnen ihrer Schulen Entlastungen bekommen.

„Damit sich Eltern wirklich entscheiden und Schüler mehr gefördert werden können, fordern wir bessere Rahmenbedingungen für Ganztagsschulen, vor allem als gebundene und teilgebundene Grundschulen mit sieben Stunden Ganztagsunterricht pro Tag. Alles andere geht an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei“, konstatierte der SPD-Bildungsexperte.

 

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