Weniger Eingriffsbefugnisse für den Verfassungsschutz, mehr Kontrolle durch das Parlament

Veröffentlicht am 14.03.2018 in Landespolitik

Nancy Faeser: Weniger Eingriffsbefugnisse für den Verfassungsschutz, mehr Kontrolle durch das Parlament

Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag hat heute die aus ihrer Sicht erforderlichen Änderungen an dem Gesetzentwurf zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes vorgestellt. Diesen Entwurf hatten die Regierungsfraktionen von CDU und Bündnis 90/Die Grünen eingebracht. Das schwarzgrüne Gesetzesvorhaben war in einer Anhörung des Landtags auf nahezu einhellige Kritik von Staatsrechtlern und Verfassungsschutzexperten gestoßen.

Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Nancy Faeser, erläuterte, dass der Gesetzesentwurf von CDU und Grünen in seiner derzeitigen Form eindeutig gegen das Grundgesetz verstoße und daher nicht zustimmungsfähig sei. Dies sei auch das Fazit der Expertenanhörung gewesen. Die Änderungsvorschläge ihrer Fraktion hätten das Ziel, die in dem Entwurf vorgesehenen, viel zu weit reichenden Eingriffsbefugnisse des Verfassungsschutzes zu beschränken und gleichzeitig die parlamentarische Kontrolle der Behörde durch den Landtag erheblich zu stärken, sagte die SPD-Innenexpertin.

Die SPD-Politikerin stellte klar, dass es die so genannte „Online-Durchsuchung“, also das Ausspähen von mit dem Internet verbundenen Endgeräten mit Hilfe einer verdeckt vom Verfassungsschutz installierten Software, mit der SPD nicht geben werde. Faeser sagte: „Die Experten waren sich in der Anhörung einig, dass die von Schwarzgrün geplanten Regelungen zur Online-Durchsuchung gleich aus mehreren Gründen verfassungswidrig sind. Das beginnt damit, dass der Verfassungsschutz gar nicht mehr zuständig ist, wenn tatsächlich eine akute Gefährdung vorliegt – das ist dann Sache der Polizeibehörden, und die haben – wie beispielsweise das BKA – ausreichend Befugnisse, um auch einer terroristischen Bedrohung Herr werden zu können. Kurz: Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz braucht diese Online-Durchsuchung nicht, deswegen schlägt die SPD-Fraktion vor, den entsprechenden Passus ersatzlos aus dem Gesetzentwurf zu streichen.“

Dasselbe gelte für die Befugnisse zur technischen Wohnraumüberwachung, die der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen dem Verfassungsschutz einräumen wolle. „Außerdem“, so Faeser, „ist die technische Wohnraumüberwachung in der Praxis allenfalls von nachrangiger Bedeutung. Man kann die entsprechenden Stellen im Gesetzentwurf also ebenfalls streichen.“

Eingefügt werden müsse hingegen eine klare und wirksame Vorschrift zum Schutz des so genannten „Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung“, mit der die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger geschützt werde. Das Fehlen einer solchen Regelung im aktuellen Gesetzentwurf sei von allen Fachleuten in der Anhörung des Landtags kritisiert worden, erläuterte Nancy Faeser.

Deutlich gestärkt werden müssen nach Auffassung der SPD-Fraktion die Möglichkeiten des Parlaments, den Verfassungsschutz zu kontrollieren, so Faeser. Deswegen fordere die SPD-Fraktion an diesem Punkt umfassende Änderungen an dem Gesetzentwurf von CDU und Grünen. Nancy Faeser stellte fest: „Für uns ist entscheidend, dass alle Fraktionen in der PKV, also der Parlamentarischen Kontrollkommission für den Verfassungsschutz, vertreten sind und dass die Kommission mindestens sieben Mitglieder umfasst. Die PKV muss definieren, wann die Landesregierung zu berichten hat, und sie muss den Sitzungsrhythmus festlegen. Nach unserer Vorstellung sollte die PKV wenigstens einmal im Vierteljahr tagen.“

Die SPD-Fraktion fordert darüber hinaus, dass die Mitglieder der Kommission uneingeschränkten Zutritt zu den Dienststellen des Verfassungsschutzes erhalten und dass die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der PKV-Mitglieder an den Sitzungen der Kommission bei Bedarf teilnehmen können.

Nancy Faeser betonte, dass es mehr Transparenz brauche, um das Vertrauen in den Verfassungsschutz wieder zu stärken. Daher solle es der PKV ermöglicht werden, auch öffentlich zu tagen. Darüber hinaus solle sich der Präsident oder die Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz einmal im Jahr einer öffentlichen Anhörung stellen.

Faeser plädierte auch für eine so genannte „Whistleblower-Regelung“ für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes. Diesen müsse die Möglichkeit gegeben werden, sich unmittelbar an die Kontrollkommission zu wenden, wenn ihnen Missstände im Amt auffielen. Die PKV brauche außerdem das Recht, Bedienstete des Landesamts und die für den Verfassungsschutz zuständigen Beschäftigten der Landesregierung zu befragen.

Verschärft werden müssten nach Auffassung der SPD-Landtagsfraktion die Regeln für den Einsatz von Vertrauenspersonen. Dies reiche von einer grundsätzlichen Einschränkung des V-Leute-Einsatzes auf wenige, klar definierte Fälle, über eine durchgängige Dokumentation der V-Leute-Einsätze bis zu einem regelmäßigen Wechsel der V-Personen-Führer beim Landesamt für Verfassungsschutz.

Entfallen sollen nach dem Willen der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag die anlasslose Zuverlässigkeitsüberprüfung für Projektträger und Personen, die im Bereich der Extremismusprävention tätig sind. „So, wie Schwarzgrün das gerne geregelt hätte, ist das der institutionalisierte Generalverdacht gegen alle, die sich für die Demokratie in der Extremismusprävention engagieren“, kritisierte Nancy Faeser, „deswegen muss die Regelung dringend geändert werden.“

Verbesserungen fordert die SPD-Fraktion bei den Auskunftsrechten der Bürgerinnen und Bürger. Diese müssten auf Anfrage umfassend darüber informiert werden, ob, warum und mit welchem Ergebnis sie in den Fokus des Verfassungsschutzes geraten seien.

 

Änderungsantrag für ein Gesetz zur Neuausrichtung des Verfassungsschutzes in Hessen

 

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