Zurück bleibt ein politischer und moralischer Skandal

Veröffentlicht am 26.08.2018 in Landespolitik

NSU-Untersuchungsausschuss: Zurück bleibt ein politischer und moralischer Skandal

Der Hessische Landtag hat heute über den Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses (UNA 19/2) und über die abweichenden Sondervoten der Oppositionsparteien debattiert.

In der Plenardebatte kritisierte die Obfrau der SPD im Untersuchungsausschuss, Nancy Faeser, dass die Regierungsfraktionen sich schon dessen Einsetzung widersetzt hätten. Während im Bundestag und in den Parlamenten der anderen Länder, in denen der NSU Morde begangen hat, stets Einvernehmen über die Notwendigkeit einer parlamentarische Aufarbeitung bestanden habe, sei der Ausschuss in Hessen allein mit den Stimmen der SPD und der LINKEN eingesetzt worden.

Faeser sagte: „Nicht nur darüber, ob man diesen Untersuchungsausschuss überhaupt braucht, bestand Uneinigkeit. Als er dann eingesetzt war, haben Landesregierung und Regierungsfraktionen die Aufklärungsarbeit erschwert, verzögerten und bekämpft – mit permanenten Diskussionen über Verfahrensfragen, über Zeugenlisten und über die Regularien der Befragungen. Mit der verspäteten und unvollständigen Lieferung von Akten, die dann über weite Strecken geschwärzt waren. Keine gemeinsame Einsetzung, kein gemeinsames Aufklärungsinteresse, keine gemeinsame Arbeit und kein gemeinsamer Abschlussbericht – das gab es in keinem anderen deutschen Parlament, das sich mit den Gräueltaten des NSU und dem dabei zutage getretenen Behördenversagen beschäftigen musste“, kritisierte Nancy Faeser.

Zu dem politischen Skandal, so Faeser, komme der moralische Skandal, dass der damalige Innenminister und heutige Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bis heute keinerlei Fehler eingestanden und eine Entschuldigung gegenüber der Familie des Mordopfers Halit Yozgat verweigert habe. „Ob im Bund oder in den Ländern, von Otto Schily bis Günther Beckstein – alle haben Fehler eingeräumt und alle haben sich entschuldigt. Nur Sie, Herr Ministerpräsident, nicht. Ich empfinde das als schäbig“, sagte Nancy Faeser.

Die SPD-Obfrau forderte erneut, die richtigen Schlüsse aus den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses zu ziehen. Dazu gehöre insbesondere eine stärkere parlamentarische Kontrolle des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), das mit seinem damaligen Verhalten hinreichend bewiesen habe, wie nötig eine strengere Aufsicht sei. Die Chance, so eine wirksame Kontrolle durch den Landtag einzurichten, habe die schwarzgrüne Regierungskoalition mit ihrem neuen Verfassungsschutzgesetz vollständig verpasst.

Auch mehr Präventionsarbeit sei erforderlich, so Nancy Faeser. „Wir brauchen mehr politische Bildung, um zu verhindern, dass sich Menschen in die Neonaziszene hinein radikalisieren. Wir brauchen mehr und besser Hilfe für die Opfer von rechter Gewalt. Und wir müssen den zahlreichen Trägern, Initiativen und Vereinen, die sich seit Jahren für die Demokratie und gegen menschenverachtende Ideologien einsetzen, nicht nur mehr Wertschätzung entgegenbringen, wir müssen vor allem auch gewährleisten, dass diese Initiativen mit den notwendigen Mitteln unterstützt werden.“

Das Ende der Ausschussarbeit dürfe nicht das Ende der Aufklärung sein, forderte die SPD-Politikerin. Denn noch immer seien weite Teile des NSU-Komplexes nicht hinreichend durchleuchtet. „Deshalb haben wir einen runden Tisch mit den Handelnden aus der Zivilgesellschaft und den Journalisten, die den Ausschuss begleitet haben, gegründet. Dieser soll noch ausstehende Veränderungen, mehr rechtsstaatliche Kontrolle des Verfassungsschutzes und eine nachhaltige Unterstützung für die NGOs, die rechte Gewalt bekämpfen und präventiv tätig sind, unterstützen. Diese Verpflichtung sollten alle demokratischen Parteien wahrnehmen“, so Nancy Faeser.

 

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